Der neue Baukörper schliesst die Brandlücke am Kolinsplatz. Sein Volumen verweist auf den Vorgängerbau: Die ursprüngliche Fassadenflucht wird im Sockelgeschoss aufgenommen. Der vormalig vorhandene Garten im Erdgeschoss wird wiederhergestellt und dient - umfasst mit einer Mauer - dem Bistro als Aussensitzbereich.
Die beiden Giebelfassaden, die höhere zur Kirchenstrasse gerichtet, die niedrigere mit Rücksicht auf den Nachbarbau auf die Grabenstrasse ausgerichtet, betonen die Eckstellung des Gebäudes. Die vielgestaltige Dachform mit dem zur Kirchenstrasse gedrehten Giebel unterstreicht die Gebäudestellung innerhalb des Gevierts als lockere Hofbebauung und löst sich klar von der Typologie einer Blockrandbebauung ab.
Hofseitig schliesst das Volumen an die beiden Nachbarbauten an und bildet so einen geschützten, vom Strassenlärm abgeschirmten Innenhof. Mit seinem Brunnen und der begrünten Fassade bildet er einen ruhigen Gegenpol für Bewohner und Passanten. Kleine Balkone und die Dachzinne richten sich auf diese Oase aus und gliedern mit den dünnen Kragplatten die Fassade. Präzise an die Geländekante im Hof gesetzt, liegt der Fahrradunterstand. Als Schopf im Hof assoziiert er alte Schuppen und Unterstände und verweist so auf die frühere Nutzung solcher Höfe als Arbeits- und Lagerstätten.
Der Gebäudesockel, ein doppelgeschossiger Raum, beherbergt die geforderte Gastronomienutzung. Entlang der Fassade spannt sich der Gästebereich auf, in dessen Mitte eine zentrale Küchen- und Zubereitungsbox steht. Diese Box kann je nach Anforderung als "Vitrine" (Showküche) oder geschlossenes Volumen ausgebildet werden. Der Mehrzwecksaal steht - locker gestapelt - auf dieser Box. Er löst sich von der Fassade ab und schafft mit seinem inneren Abschluss die räumliche Intimität des "Gast"-Stübli. Die dabei entstehenden Zwischenräume nehmen Empfang & Garderobe auf und ermöglichen einen Blickkontakt zwischen Bistro und Stübli. Verbunden werden die beiden Raumschichten über die grosse Treppe mit Liftanlage. Diese dient ebenfalls als Haupterschliessung der darüberliegenden Wohnungen. Die beiden Wohnungen – als WG für Jugendliche in Betreuung - sind als 5- resp. 6-Zimmer-Maisonette im 2. Obergeschoss und den beiden Dachgeschossen organisiert: Zwei verschränkte Treppen verbinden kreuzweise die Schlafräume & Foyers mit dem grosszügigen Wohn- & Küchenraum. Die markante Form des Dachgeschosses unterstreicht die zentrale Bedeutung dieses "Wohnzimmers" für alle Bewohner. Eine zusätzliche Direkterschliessung des Wohn- & Küchenraumes ans Haupttreppenhaus ermöglicht störungsfrei (& hindernisfrei) den Empfang von Gästen, wenn bereits schlafende Mitbewohner nicht gestört werden wollen. Die Bäder mit separatem WC sind analog den Schlafräumen an die beiden Foyers gehängt. Eine zusätzliche Dusche/WC auf der Ebene des Wohn- & Küchenraumes dient als Gästetoilette.
Das Gebäude ist in Anlehnung an die umgebende historische Bausubstanz in monolithischer Bauweise erstellt. Hochdämmendes Mauerwerk übernimmt sowohl bauphysikalische als auch statische Anforderungen. Zusätzliche Horizontalaussteifung erhält das Gebäude durch den massiven Treppen- & Liftkern. Geschossdecken in Stahlbeton liegen auf den gefalteten Wohnungstrennwänden, welche als statische Träger fungieren. Im Randbereich sind die Decken in die Aussenwände eingespannt und bilden den Sturz für Fassadenöffnungen
Die aus der Massivbauweise resultierende Lochfassade spielt mit der Tiefe der Aussenwand. Öffenbare Fenster liegen zurückversetzt und sind mit Fenstergewänden aus Kunststein eingefasst. In ihren tiefen Leibungen liegen Faltläden aus Holz. Das rigide Raster der Lochfenster wird durch aussenbündige Festverglasungen aufgelockert. Tagsüber spiegeln sie die umliegenden Gebäude mit ihrem Bauschmuck; nachts lassen sie Einblicke in die öffentlichen Bereiche der Wohnungen und Gastronomie zu.
Der Gebäudesockel ist gegen die Graben- und Kirchenstrasse mit einer "Spitze" aus Kunststein umhüllt. Die schmalen Stelen mit scherenschnittartigen Durchbrüchen dienen dem Schutz der darüberliegenden Putzfassade. Sie interpretieren die Holzlattung (Fassadenspalier) der ehemaligen "Gartenfassade". Hofseitig zeigt sich die leicht geknickte Fassade einfacher. Der durchgefärbte Edelputz mit Glimmerzuschlag zieht sich hier bis zum Bodenbelag aus Klinkerstein. Ein grosses Fenster rahmt den Ausblick auf Hof mit Brunnen. Das Thema des Spaliers wird hier nochmals in Form eines grossen Rankgitters aufgegriffen, welches am Treppenturm "hochklimmt".
Das Gebäude mit seinen monolithischen Aussenwänden und Stahlbetondecken fungiert als träge Speichermasse um solare Gewinne zu verwerten. Tageslicht und Wärme werden in den untenliegenden Wohnungsfoyers eingefangen und in Wänden, Böden und Decken gespeichert. Bei Bedarf wird diese Energie wieder abgegeben und steigt in die Wohn- und Küchenräume nach oben. Verbrauchte Raumluft wird in Küche und Bad gefasst und ihre Energie über einen Wärmetauscher ins Heizsystem rückgeführt. Die Vertikalerschliessung gliedert sich um das Treppenhaus und Liftkern. Sie bildet einer Wirbelsäule gleich, das statische und versorgungstechnische Hauptelement.
Art | Projektwettbewerb |
Bauherr | Einwohnergemeinde Zug |
Projektteam | roger.huwyler dipl.arch.eth |
Planung | 2011 |