STÄDTEBAULICHES KONZEPT
Das Gelände der Schule Glarisegg befindet sich in idyllischer Landschaft etwas ausserhalb von Steckborn. Zwischen Seeufer und Bahntrasse liegt der sanft auslaufende Geschiebekegel des Bachbetts, welcher die markante Landzunge im Westen abschliesst. Die Umgebung ist geprägt von der Landwirtschaft mit Ihren Wiesen und Obstplantagen entlang des Seebeckens.
Seeseitig dominiert das vier geschossige, historische Haupthaus mit der weiss gekalkten Fassade das Gelände - ergänzt durch den schmalen Langbau des heutigen Seeschulhauses. Dieser bildet eine optische Barriere zum See für die dahinterliegende Mehrzweckhalle und den Hartplatz. Seine Stirnfassade mit dem Schulhauszugang verleitet unkundige Besucher diesen Langbau als Empfangsgebäude zu missdeuten.
Die neue Schulanlage klärt mit ihrer Situierung und dem Freispielen des Hauptgebäudes die städtebauliche Situation und ordnet sich in die Hierarchie der bestehenden Baukörper ein. Als pavillonartige Ergänzung zum Bestand ist das flache Volumen vom See aus kaum wahrnehmbar. Am rückwärtigen Rand der Bauparzelle angeordnet verzahnen sich die unterschiedlich orientierten Klassenräume mit der Umgebung und folgen der Geländetopografie mit einer sanften Geschosshöhenstaffelung. Die Gebäudekontur vermittelt mit ihrer freien Form zwischen dem Wohnheim Lönneberga und dem ebenfalls leicht verzogenen Volumen des Hauptgebäudes.
Mit der Konzentration des Raumprogramms in einem einzigen Volumen kann das ehemalige Seeschulhaus abgebrochen werden. Dies lässt das Hauptgebäude in die 1. Reihe treten und bringt die Hierarchie der einzelnen Baukörper in ein Gleichgewicht. Die freiwerdende Fläche des Seeschulhauses dient der Platzierung der Pausenhalle mit einer Sitzmauer zum See und wird mit einer neuen, lockeren Baumreihe ergänzt. Vom Hauptweg herkommend lenkt nun – mit Ausnahme des fantastischen Blicks auf den Bodensee – nichts mehr vom Hauptgebäude als "Eingang zum Schulgelände" ab.
ARCHITEKTUR / ORGANISATION
Der eingeschossige Baukörper besteht aus zellenartig miteinander verbundenen Räumen. Entgegen einem klassischen Schulhaus wird auf ein Grundraster und eine Wiederholung der Raumabmessung verzichtet. Stattdessen durchzieht ein sich ständig veränderndes Wegnetz aus Gassen und Plätzen den neuen Baukörper. Er verbindet die allgemeinen Funktionen (Mehrzweckhalle, Garderoben/ WC, Kochschule, Lehrerzimmer usw.) mit den Schuleinheiten (Basis-, Mittel- & Oberstufe) und den verschiedenen Gebäudezugängen (Foyer, Haupt- und Nebeneingänge).
Die einzelnen Schuleinheiten werden zu Clustern gruppiert und sind jeweils um einen zentralen Aufenthaltsplatz organisiert. Es entstehen Treffpunkte zum Verweilen, Spielen und gegenseitigem Austausch – ähnlich einer Stadtlandschaft. Diese kleinen Plätze bieten zudem Raum für die Garderobe und eine Sitzecke. Ein direkter Ausgang ins Freie erweitert ihr Nutzungs- spektrum. Zwischen diesen Clustern liegen eingestreut die für Lehrpersonen zugänglichen Räume. So bleibt das Raumangebot für die Schüler einer Schulstufe überschaubar.
Die innenliegenden Plätze an Weggabelungen erhalten durch grosszügige Oblichter viel natürliches Tageslicht. Sie haben "öffentlichen" Charakter mit sich weitenden Platzformen. Die Aufenthaltsplätze in den Clustern haben "privaten" Charakter für die umgebende Stufe. Sie liegen an den Fassaden und haben eine eher geschlossene Platzform. Falls gewünscht, kann Platz und Einheit abgetrennt werden. Rampen führen innerhalb des Wegnetzes zu den höhergelegenen Niveaus. So gelangt man vom Eingang beim Hartplatz zum 1m höher gelegenen Nebeneingang beim Mehrzwecksaal über zwei Rampen.
In den Klassenzimmern ermöglichen drehbare Trennwände und mobile Schiebewände eine individuelle Gestaltung der Räume und bieten Flexibilität für eine Vielzahl an Unterrichtsformen und Lernszenarien. Der Mehrzwecksaal kann zum Foyer hin ebenfalls vollkommen geöffnet werden.
Oberflächen und Materialien sollen möglichst direkt erfahrbar sein und Rückschlüsse auf die Konstruktion erlauben. Damit werden nicht nur pädagogische Aspekte gefördert, sondern wird auch für eine weitgehende Systemtrennung gesorgt. Eine einfache aber robuste Materialisierung zeichnen Innen- und Aussenhaut des Gebäudes aus. Eine leichte Farbgebung schafft zusätzlich Orientierung.br>
TRAGWERK
Das Gebäude ist ein Holzrahmenbau. Ein durchgängiges Tragraster ermöglicht eine wirtschaftliche Elementierung und Vorfabrikation sowie ein rasches Aufrichten auf der Baustelle. Die zeltartige Dachform funktioniert wie eine Kuppel und überspannt stützenfrei die Räume. Die Dachform ermöglicht die Ausbildung eines Ringgurtes in den Dachelementen, wodurch Horizontalkräfte aus der Konstruktion vermieden werden. Die aus Wind oder Erdbeben resultierenden Horizontalkräfte werden über die geschlossenen Wandscheiben der Fassade abgetragen.
Die Anordnung aller Räume auf einem Geschoss vereinfacht den Brandschutz für Holzbauten. Zugleich bietet er höhere Sicherheit durch allseitig direkten Zugang ins Freie..
Art | Projektwettbewerb |
Bauherr | Schustiftung Glarisegg |
Projektteam | rogerhuwyler architekten, veronika bonora |
Planung | 06/2020 - 09/2020 |